Taktiles Leitsystem für Blinde und Sehbehinderte

Allgemeines

Taktile Leitsysteme sind wirkungsvolle Bauelemente, die Blinden und sehbehinderten Menschen eine eigenständige Nutzung des öffentlichen Verkehrsraumes ermöglichen. Sie dienen Blinden in öffentlichen Verkehrsräumen, bei der Verwendung eines Langstockes oder durch Wahrnehmung mit den Füßen, als Orientierungshilfe. In Verbindung mit Begleitstreifen, wenn diese einen guten Leuchtdichtekontrast aufweisen, haben sie für Sehbehinderte eine Warn- und Orientierungsfunktion.

Daher ist der Einsatz taktiler Leitsysteme generell an allen Gefahrenstellen des öffentlichen Verkehrsraumes vorzusehen.

Zu den wichtigsten Einsatzbereichen zählen:

  • Bahnsteige
  • Haltestellen des ÖPNV
  • Fußgängerüberwege
  • Verkehrswegeführungen in öffentlichen Einrichtungen und Gebäuden

 

Taktile Leitsysteme bestehen aus mehreren Komponenten:

1. Leitstreifen

Der Leitstreifen erfüllt die taktile Funktion durch sinusförmige Rillierung mit Rillenabstand 14 mm bzw. 20 mm oder besser noch einer trapezförmigen Rillierung mit Rillenabstand 42 mm. Die optische Wahrnehmungsfunktion wird durch weiße oder schwarze Farbgebung erreicht.

2. Begleitstreifen

Der Begleitstreifen dient der optischen Wahrnehmungsfunktion. Die Funktion des gesamten Systems ist nur gewährleistet, wenn ein ausreichender Kontrast zum Leitstreifen (Leuchtdichtekontrast nach DIN 32984 min. 0,4) gegeben ist.

3. Aufmerksamkeitsfeld

Das Aufmerksamkeitsfeld erfüllt Lenkungs- und Warnfunktionen. Es sollte aus Leitstreifen oder Noppenplatten hergestellt und in der Farbe des Leitstreifens ausgebildet werden, um Fehldeutungen zu vermeiden. Anforderungen und Anordnungen von Aufmerksamkeitsfeldern sind in DIN 32984 ausführlich beschrieben.

Taktile Leitsysteme lassen sich natürlich durch Variation der Plattengrößen, des Materials und der Farbgebung an das örtliche Verkehrsumfeld anpassen. Hierbei ist allerdings zu bedenken, daß jede Abweichung von den seit vielen Jahren gültigen Standards die Funktion des Gesamtsystems einschränkt und dem betroffenen Nutzerkreis eher schadet als nutzt.

Anforderungsmerkmale

Die Anforderungsmerkmale an taktile Blindenleitsysteme sind in den nachfolgenden Normen und Vorschriften geregelt.

  • DIN 32984 - Bodenindikatoren im öffentlichen Verkehrsraum
  • DB-Richtlinie 813.0201 - Personenbahnhöfe planen
  • EN 1339 - Gehwegplatten aus Beton
  • EN 12390 - Prüfung von Festbeton

 

Bei Planung und Einsatz von taktilen Leitsystemen sollte unbedingt Wert auf Einhaltung der Anforderungen, gemäß den angegebenen Normen und Vorschriften gelegt werden, damit Funktion und Dauerhaftigkeit des Systems gewährleistet sind.

Wichtige Qualitätskriterien

Die wichtigsten Funktionsmerkmale für die Nutzer des taktilen Leitsystems sind die taktile Eigenschaft (saubere sinusförmige Rillierung des Leitstreifens mit Rillenabstand 14 mm bzw. 20 mm oder Trapezrillierung 42 mm) und die optische Eigenschaft (größtmögliche Kontrastwirkung, d.h. Leitstreifen in Farbe weiß, Begleitstreifen in Farbe schwarz).

Diese Eigenschaften muß das System dauerhaft erfüllen !! Das heißt, die Festigkeits- und Farbeigenschaften müssen auch noch nach mehreren Jahren ihre Funktion erfüllen.

Um die Dauerhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten, sollten taktile Leitsysteme die folgenden Qualitätskriterien erfüllen.

Druckfestigkeit und Biegezugfestigkeit

Eine Druckfestigkeit von C 60/75 nach EN 206-1 und eine Biegezugfestigkeit von mindestens 6 N/mm2 erlauben den dauerhaften Einsatz in allen Verkehrsbereichen, auch bei Überfahren mit hohen Radlasten.

Betone mit diesen Festigkeiten erreichen auch gleichzeitig höhere Abriebwiderstände, bieten einen höheren Frost-/Tausalzwiderstand und haben in der Regel eine prorenarme Oberfläche, wodurch die Reinigung erleichtert wird.

Die Herstellung solcher hochfester Betone erfordert besondere Sorgfalt und technische Fachkenntnis. Ersatzweise können dem Beton auch Fasern beigmischt werden, um annähernde Festigkeiten zu erreichen.

Frost-/Tausalzwiderstand

Ein Nachweis des Frost-/Tausalzwiderstandes, z.B. nach ÖNORM B 3306 oder nach dem CDF-Verfahren gem. EN 12390 (hier aber mit einer Begrenzung der Abwitterung auf 200 g/m2) sollte unbedingt verlangt werden. Andernfalls besteht die Gefahr, daß die Bauteile im Winter durch die Frost- und Tausalzbeanspruchung in Verkehrsbereichen angegriffen werden und schnell abwittern.

Verschleißwiderstand

Da die Bauteile in öffentlichen Verkehrsbereichen ständig schleifender oder reibender Beanspruchung ausgesetzt sind, sollten sie die Anforderungen der Härteklasse I nach DIN 18500 bzw. Klasse 4 (I) nach EN 12390 erfüllen.

Leuchtdichtekontrast

Um die optische Eigenschaft des taktilen Leitsystems für sehbehinderte zu gewährleisten ist ein ausreichender Kontrast zwischen Leitstreifen und Begleitstreifen sicherzustellen. Die optische Eigenschaft des taktilen Leitsystems ist gegeben wenn ein Leuchtdichtekontrast von mehr als 0,4 nach DIN 5031-3 und DIN 32984 nachgewiesen ist.

Rutschwiderstand

Damit vom taktilen Leitsystem keine Gefahr im öffentlichen Verkehrsraum ausgeht, ist für eine wirkungsvolle Rutschhemmung Sorge zu tragen. Die Anforderungen an die Griffigkeit des taktilen Leitsystems sind in den v.g. Normen und Vorschriften definiert. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist eine Griffigkeit von mindstens 60 SRT oder ein Rutschwiderstand von R12 erforderlich. Der Nachweis der Griffigkeit macht allerdings nur Sinn, wenn er für alle Bauteilrichtungen des Leitstreifens (längs, quer und schräg) geführt wird, da auch die Laufrichtung einer Person über den Leitstreifen in dieser Weise erfolgt.

Die Griffigkeit kann durch nachträgliche Bearbeitung des Bauteils oder durch seine Formgebung erzielt werden. Die Vorlage eines Nachweises nach BGR 181 sollte vom Hersteller verlangt werden.

Nachgewiesene Eigenschaften unseres taktilen Leitsystems

  • höchste Betonqualität aus Gießbeton
  • Beton C 60/75 mit hohem Frost-/Tausalzwiderstand (XF4)
  • Biegezugfestigkeit von 8,5 N/mm2
  • reinigungsfreundlich durch porenarme Oberfläche
  • dauerhaft farbbeständig, da durchgefärbt (kein Vorsatzbeton)
  • tritt- und rutschsicher durch spezielle Oberflächenstruktur > 60 SRT in allen Richtungen
  • Leuchtdichtekontrast > 0,4 im trocknen und feuchten Zustand
  • Reflexionsgrad > 0,4 (wichtig bei unterirdischem Einsatz oder großflächigen Überdachungen)